Internet-Falle


Haben Sie eine Rechnung oder eine Mahnung für einen dubiosen Internet-Dienst erhalten? Vermuten Sie Betrug, sind Sie verunsichert? Fragen Sie sich, ob Sie wirklich bezahlen sollen, und was passiert, wenn Sie dies nicht tun?


Zunächst der entscheidende Hinweis:
Zahlen Sie nicht, es kann nichts passieren!

1. Was sind Abo-Fallen?

Es gibt im Internet eine Vielzahl seriöser Dienste, die kostenpflichtig sind und bei denen wirksam ein Vertrag zustande kommt. Dass zum Beispiel bei eBay der Verkäufer Gebühren zahlen muß, weiß jeder, der dort schon einmal verkauft hat.

Betrügerische Internet-Angebote zeichnen sich aber beispielhaft durch folgende Besonderheiten aus:

 

  1. Es ist nicht zu erkennen, dass überhaupt Kosten entstehen.
  2. Die Kosten stehen ganz versteckt auf der Seite.
  3. Sie bekommen keine Rechnung, sondern sogleich die Mahnung.
  4. Die Leistung entspricht nicht dem, was angeboten wurde.
  5. Es werden Gebühren für Dienstleistungen erhoben, die anderenorts im Internet kostenlos sind.

Beispiele für Abzock-Angebote aus der Praxis:

  1. Nachbarschafts-Treff
  2. Fabrik-Einkauf ("Outlets.de")
  3. Lebensprognose-Test
  4. Schüler-Nachhilfe
  5. Swinger-Club-Test
  6. Software-Downloads (z.B. Open-Office)
  7. "Vivi-Maus zieht sich aus"
  8. Kochrezepte
  9. Führerschein-Check
  10. Routenplaner
  11. Pokerschule
  12. Gedichte- oder Märchensammlungen
  13. Warenproben
In den meisten Fällen ist die Dienstleistung scheinbar kostenlos, selten findet man nur nach längerem Suchen einen oft missverständlichen Hinweis auf Kosten. Man wird zu einem Registrierungsformular weitergeleitet, in dem man seine Daten anzugeben hat. Die Daten werden nicht erst durch einen Klick auf "Senden" oder "OK" versandt, sondern zumeist schon beim Eintragen unbemerkt ausgelesen.

Häufig gibt es dann noch eine E-Mail mit einem Link, auf den man zu klicken hat. Das Kleingedruckte, das irgendwo in der E-Mail versteckt ist, liest der Verbraucher natürlich nicht. In der Regel erst nach Ablauf etwaiger Widerrufsfristen bekommt man dann überraschend eine Rechnung, in vielen Fällen auch sofort die Mahnung ohne vorhergehende Rechnung.

Letzteres hat übrigens steuerliche Gründe: Eine Rechnung muss eine Rechnungsnummer enthalten, könnte also vom Verbraucher steuerlich abgesetzt und vom Finanzamt zurückverfolgt werden.

2. Wie ist das Ganze rechtlich einzuordnen?

Eine rechtliche Pflicht zur Zahlung besteht nur dann, wenn ein Vertrag zustande gekommen ist. Alle Verträge im Internet richten sich, wie auch jeder Vertrag im wirklichen Leben, allein nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Ein Vertrag kommt nur dann zustande, wenn der Erklärende mit entsprechendem Bewußtsein handelt; hier also, wenn der User eine Dienstleistung kostenpflichtig in Anspruch nehmen will und bereit ist, den Preis zu zahlen.

Diese Bedingungen sind hier natürlich nicht erfüllt:

a)  In vielen Fällen kommen Mahnungen, ohne dass der Verbraucher überhaupt je die Internet-Seite aufgerufen hatte. Viele Abzock-Firmen schreiben einfach irgendwelche Leute an, Adressen werden dem Telefonbuch entnommen oder im Internet als Datensatz schwarz gehandelt. Wir hatten schon Mandanten, die überhaupt keinen Computer haben!

b)  Der ausgelesene Datensatz ohne die Bestätigung, also den Klick auf "OK" oder eine ähnliche Schaltfläche, ist gerade keine Willenserklärung.

c)  In allen oben genannten Beispielsfällen war es so, das das Angebot überhaupt keinen oder nur einen gut versteckten Hinweis auf die Kostenpflicht enthielt. Dieser war zudem missverständlich; die Beträge fehlten, insbesondere fehlte der Hinweis auf eine Mindestlaufzeit. Schließt man einen solchen "Vertrag" ohne Bewußtsein über die Kosten ab, fehlt es gerade an dem für die Wirksamkeit des Vertrages notwendigen Vertragswillen. Auch dieser Vertrag ist nicht zustande gekommen.

d)  Auch wenn Sie schon einmal bezahlt haben, haben Sie hierdurch keinen Vertrag anerkannt. Die Rechnung des Folgejahres muß nicht bezahlt werden, nur weil Sie im Vorjahr bezahlt haben. 

3. Was passiert, wenn ich nicht zahle?

Nichts. Das gesamte Geschäftsmodell baut auf Einschüchterung des Verbrauchers. Sie bekommen Mahnungen und Zahlungserinnerungen, dann Schreiben von Inkassofirmen, schließlich Post von einem Rechtsanwalt (z.B. Herrn "Kollegen" Olaf Tank). Die Beträge werden immer höher, man droht mit Gerichtsvollziehern und Schufa-Einträgen.

Für all diese Schreiben gibt es eine Bezeichnung: Heiße Luft. Richtig ist folgendes:

a)  Wir leben in einem Rechtsstaat. Das heißt, zur Zahlung zwingen kann nur der Staat durch seine Vollstreckungsbehörden. Und jeder staatliche Zwang setzt ein gerichtliches (!) Verfahren voraus. Weder ein Inkassobüro, noch ein Rechtsanwalt oder die Schufa können Zwang tatsächlich ausüben. Die Drohungen sind leer.

b)  Ein gerichtliches Verfahren wäre entweder der Mahnbescheid oder die Klage zum zuständigen Amtsgericht. Abzockerfirmen schrecken hiervor zurück und zwar aus folgenden Gründen:
  1. Das gerichtliche Verfahren kostet für den Kläger Gebühren, die vorab zu entrichten sind. Müssten diese Verfahren geführt werden, wären die Kosten für die Abzockerfirma astronomisch.
  2. Die Prozesse gehen verloren, d.h., die Abzocker hätten die Kosten zu tragen.
  3. Es entstünden Urteile, die in der Fachliteratur gegen die Zockerfirmen zitiert und verwandt werden könnten.
Daher besteht eine gewisse Sicherheit, dass Sie nicht verklagt werden: Das Geschäftsmodell würde einfach nicht mehr funktionieren.

4. Droht ein Schufa-Eintrag?

Nein. In die Schufa eingetragen werden nur rechtskräftig festgestellte oder unwidersprochene Forderungen und zwar nur von Schufa-Mitgliedern. Nach Mitteilung der Schufa ist niemand je wegen eines Internet-Abonnements eingetragen worden.

5. Wie soll ich mich also verhalten?

a) Widersprechen oder Schweigen?

Keinesfalls sollten Sie sich auf Diskussionen einlassen oder gar eine größere Korrespondenz beginnen. Auch Angebote am Telefon, sich irgendwo zu einigen, sollten Sie konsequent ablehnen. Schreibt ein seriöser Geschäftsmann einem anderen, er habe mit ihm einen Vertrag geschlossen, ist es üblich, dem zu widersprechen und das Missverständnis auszuräumen. Da es sich hier nicht um seriöse Geschäftsleute handelt, ist ein solches Widerspruchsschreiben nicht erforderlich, schadet aber auch nicht. Zudem können Sie mit einem solchen Schreiben den Widerruf eines etwa zustande gekommenen Vertrages verbinden, um ganz, ganz sicher zu gehen.

Der Widerspruch bzw. Widerruf kann auf demselben Weg erfolgen, wie die Gegenseite sich an Sie gewandt hat, also per Post, per eMail oder (selten) per Fax. Gelingt dies nicht (z.B. weil keine Adresse vorhanden ist oder die E-Mail-Adresse nicht funktioniert) ist das nicht Ihr Problem. Laut Gesetz ist jeder Geschäftsmann verpflichtet, entsprechende Vorkehrungen für den Empfang von Post vorzuhalten. Schon hätten Sie den Prozess gewonnen.

b) Wer muß das alles beweisen?

Sinnvoll könnte es sein, den Vorgang zu dokumentieren, z.B. einen "Screenshot" des Internetangebotes herzustellen. Beweiskräftig ist dies allerdings nicht, da Websiten im Minutentakt geändert werden können. Wichtig: Auch dies ist nicht Ihr Problem. Der Internet-Anbieter muß beweisen, dass ein Vertrag zustande gekommen ist.

Hier wird übrigens gelogen und getäuscht: Der Hinweis z.B. auf eine dokumentierte IP-Adresse ist völliger Unsinn. Zwar können IP-Adressen beim Besuch von Internetseiten gespeichert werden, jedoch hat die entsprechenden Daten mit Ihrem Namen und Ihrer Adresse allein Ihr Internet-Provider. Diese Daten sind rechtlich geschützt und können nur per Gerichtsbeschluss angefordert werden. Zockerfirmen haben hier keine Chance.

c) Reagieren die überhaupt?

Nein. Wundern Sie sich nicht, wenn Ihr Schreiben unbeachtet bleibt und Sie einfach weitere Mahnungen und Rechnungen erhalten. Diese sollten Sie dann endgültig ignorieren.

d) Achtung bei Post vom Gericht!

Aufpassen müssen Sie, wenn Sie Post von einem Gericht erhalten (einen Mahnbescheid oder eine Klage). Diese Post muß aber förmlich zugestellt werden. Dies erkennen Sie daran, daß z.B. das Zustelldatum auf dem Umschlag vermerkt wurde. Gegen solche Schreiben müssen Sie sich zur Wehr setzen. Allerdings werden Sie solche Schreiben nicht bekommen. Von den hunderttausend Fällen im vergangenen Jahr (die Schätzung ist ungenau, es gibt hohe Dunkelziffern) hat es nach unserem Kenntnisstand zwei (!) Gerichtsverfahren gegeben (Quelle: www.computerbetrug.de). Beide wurden von den Verbrauchern gewonnen.

e) Ich habe einen falschen Namen angegeben, ist dies strafbar?

Nein. Das Bestellen von Waren unter falschem Namen erfüllt normalerweise den Tatbestand des Betruges: Der Täter will sich eine Leistung erschleichen ohne Gegenleistung. Im Falle der Abzocker-Firmen ist dies anders: Der Verbraucher weiß gar nicht, dass eine Gegenleistung verlangt wird, die er seinem Vertragspartner vorenthält. Der falsche Name dient nicht dem Betrug des Vertragspartners, sondern allein dem Schutz der eigenen Daten. Dieses Verhalten ist nicht strafbar.

f) Soll ich einen Rechtsanwalt einschalten?

Dies ist unnötig. Die Kosten des Rechtsanwaltes sind zwar denkbar gering, da sie sich nach dem Rechtsanwalts-Vergütungsgesetz nach dem (hier geringen) Gegenstandswert richten. Allerdings müssen Sie diese Rechtsanwaltskosten selbst tragen, ein Erstattungsanspruch ist nicht gegeben, jedenfalls nicht durchsetzbar. Häufig tritt Ihre Rechtsschutzversicherung ein. Die Anwaltsgebühren sind aber in der Regel geringer als eine etwa vereinbarte Selbstbeteiligung.

6. Was kann ich sonst tun ?

Es ist also durchaus sinnvoll, einfach abzuwarten. Die lästigen Mahnschreiben werden irgendwann aufhören.

Sollten Sie sich aber geärgert haben, und möchten Sie etwas unternehmen, bieten sich folgende Möglichkeiten an:

a)
Auf den Mahnungen ist ja in der Regel ein Bankkonto genannt. Sie können sich also an diese Bank wenden und sich beschweren. Tun dies viele Verbraucher, wird die Bank das Konto kündigen. Ein Musterbrief könnte so aussehen:

An die Bank XY

Sehr geehrte Damen und Herren,

es besteht der Verdacht, daß über das Konto .... bei Ihrer Bank illegale Beträge fließen. Es geht dabei um Abo-Fallen, also Internetseiten, auf denen arglose Verbraucher mit versteckten Kosten um ihr Geld gebracht werden. Ihr Konto wird zu diesem Zweck verwendet.

Bitte entscheiden Sie, ob das Konto gekündigt und das eingegangene Geld an die Absender zurücküberwiesen werden muß.

Mit freundlichen Grüßen

 

b)

Sie können sich auch bei der Bankenaufsicht bescheren:

Banken- und Versicherungsaufsicht
Graurheindorferstr. 108
53117 Bonn.

c)
Über die Inkassofirmen können Sie sich beschweren beim Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen:

BDIU
Friedrichstr. 50 - 55
10117 Berlin
www.bdiu@inkasso.de

d)
Über die Rechtsanwälte können Sie sich beschweren bei den Rechtsanwaltskammern des jeweiligen Bundeslandes bzw. OLG-Bezirks. Alternativ wenden Sie sich an

Bundesrechtsanwaltskammer
Littenstr. 9
10179 Berlin.